Der Paritätische Köln

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Armut? Abschaffen!

Paritätischer Armutsbericht 2025: Arme werden ärmer

Einkommensarme Menschen haben in den vergangenen Jahren an Kaufkraft verloren. Insgesamt ist fast jede sechste Person in Deutschland von Armut betroffen.

Einkommensarme Menschen sind in den vergangenen Jahren ärmer geworden, so das Ergebnis des neuen Paritätischen Armutsberichtes. Während das mittlere Einkommen von Personen unterhalb der Armutsgrenze im Jahr 2020 noch bei 981 Euro im Monat lag, waren es im Jahr 2024 preisbereinigt nur noch 921 Euro.

„Die Zahlen belegen, was viele Menschen mit geringem Einkommen schon lange im Alltag spüren: Die Armen werden ärmer“, so Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. „Die Kaufkraftverluste der vergangenen Jahre verschärfen die ohnehin schon schwierige finanzielle Lage von Millionen Betroffenen. Die neue Bundesregierung muss die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung jetzt ganz oben auf die Agenda setzen!“ Der Paritätische sieht neben besseren Erwerbseinkommen insbesondere Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von Wohn- und Familienarmut, der Stärkung der Rentenversicherung und dem Ausbau der Grundsicherung.

Insgesamt müssen 2024 dem neuen Armutsbericht zufolge 15,5 Prozent der Bevölkerung zu den Armen gezählt werden. Die Armutsquote stieg um 1,1 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr an. Von Armut betroffen sind dabei insbesondere Alleinerziehende, junge Erwachsene und Rentner*innen, wobei die Altersarmut stark weiblich geprägt ist.

Der Armutsbericht weist auch die Zahl derer aus, die in erheblicher materieller Entbehrung leben: 5,2 Millionen Menschen – darunter 1,1 Millionen Kinder und Jugendliche sowie 1,2 Millionen Vollzeiterwerbstätige – können sich etwa nicht leisten, die Wohnung warm zu halten oder alte Kleidung zu ersetzen.

Der Bericht zeigt im Vergleich der Bundesländer große regionale Unterschiede: Während in Bayern nur etwa jede achte Person von Armut betroffen ist (11,8 Prozent), ist es in Sachsen-Anhalt mehr als jede fünfte (22,3 Prozent) und in Bremen sogar jede vierte Person (25,9 Prozent).

Positiv entwickelt hat sich die Zahl der Erwerbstätigen in Armut: Hier zeigt der Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes einen leichten Rückgang. Ausschlaggebend für diese Verbesserung sei aus Sicht des Verbandes die Erhöhung des Mindestlohnes sowie die Reform des Wohngeldes.

Der Paritätische Armutsbericht 2025 ‚Verschärfung der Armut‘ ist der erste Teil einer neuen Reihe von Armutsberichten mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten. Der Bericht stützt sich dabei insbesondere auf die Mikrozensus-Unterstichprobe zu Einkommen und Lebensbedingungen vom Statistischen Bundesamt MZ-SILC. Der nächste Teil der Paritätischen Armutsberichterstattung widmet sich dem Thema Kinderarmut.

 

Armutsbericht 2025

Armutsbericht 2025: Webseite zur Studie

Bündnis-Aufruf: Für soziale Sicherheit und gerechte Verteilung

Mit einem gemeinsamen Aufruf kritisiert ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, dem Mieterbund, Pro Asyl und Erwerbslosen-Initiativen Forderungen nach sozialen Kürzungen und verurteilt die aktuelle Stimmungsmache gegenüber schutz- und hilfebedürftigen Menschen scharf.

Für soziale Sicherheit und eine gerechte Verteilung – gegen Sozialstaatsabbau und Hetze gegen Leistungsberechtigte

"Der Sozialstaat ist ein wesentliches Fundament der Gesellschaft in Deutschland. Der Sozialstaat gewährleistet soziale Sicherheit, unterstützt eine gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und ist die Grundlage des demokratischen und friedlichen Zusammenlebens. Der Sozialstaat organisiert Solidarität unter gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern und bringt zum Ausdruck: wir stehen füreinander ein. Das gebietet unsere Verfassung und das ist gut so! Demokratie und soziale Grundrechte gehören zusammen.

Ein guter Sozialstaat umfasst tariflich entlohnte und sichere Erwerbsarbeit, verlässliche Absicherung für die Wechselfälle des Lebens, Schutz gegen Armut und Unterstützung durch soziale Dienste und Infrastrukturen. Ein integraler Bestandteil des Sozialstaates sind die Leistungen der Grundsicherung. Sie sollen als unteres Netz im Bedarfsfall ein menschenwürdiges Existenzminimum garantieren.

Aktuell ist der Sozialstaat bedroht. So wird gefordert, zur Haushaltskonsolidierung Sozialleistungen zu kürzen oder gar das Bürgergeld abzuschaffen. Wir stellen uns allen Forderungen entgegen, die den Sozialstaat in einem seiner Bestandteile beschädigen. Wir stehen gemeinsam gegen die Prekarisierung von Arbeit, den Abbau von Leistungen der Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherung, gegen Leistungskürzungen bei den Ärmsten unserer Gesellschaft und gegen Kürzungen bei den sozialen Dienstleistungen.

Wir stehen für gesamtgesellschaftliche Solidarität. Solidarität darf nicht vor den Wohlhabenden Halt machen: Starke Schultern müssen stärker in die Verantwortung genommen werden. Haushaltskonsolidierung darf nicht zu Lasten des Sozialen gehen.

Fast eine Million Erwerbstätige mit geringem Einkommen, u.a. viele Solo-Selbstständige, müssen mit Bürgergeld aufstocken. Bei geringen Löhnen reichen die Leistungen der Sozialversicherung nicht immer zum Leben. Viele Erwerbsgeminderte und Altersrentner*innen leben in Armut und sind auf Grundsicherung angewiesen. Viele Menschen werden arm, weil sie keinen bezahlbaren Wohnraum finden.

Insbesondere stellen wir uns gegen Hetze sowie abwertende und ausgrenzende Diskurse gegenüber Bürgergeldbeziehenden und Geflüchteten. Alle Erwerbstätigen und alle Menschen ohne hinreichendes Einkommen brauchen Solidarität, soziale Sicherheit und einen verlässlichen Schutz vor Armut – erst recht in Zeiten des Umbruchs, der Transformation und der Verunsicherung.

 

Wir stellen fest und fordern:

  • Gegen unzureichendes Erwerbseinkommen hilft keine Stimmungsmache gegen die Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen, sondern höhere Löhne und bessere Honorare. Die Tarifbindung muss gestärkt werden. Der Mindestlohn muss deutlich angehoben werden.
  • Der soziale Ausgleich bei den Sozialversicherungen muss ausgebaut werden: wer entsprechend einzahlt, muss auch bei Arbeitslosigkeit, im Alter oder Erwerbsminderung und beim Bezug von Krankengeld auskömmliche Leistungen erhalten. Zur Vermeidung von Altersarmut müssen Lücken in der Erwerbsbiografie geschlossen und das Rentenniveau angehoben, zumindest aber stabilisiert werden.
  • Die Leistungen der Grundsicherung müssen ein menschenwürdiges Existenzminimum garantieren und bei allen berechtigten Personen ankommen. Die aktuellen Leistungen sind zu niedrig und müssen auf den Prüfstand. Die Nullrunde 2025 führt zu Kaufkraftverlusten. Armut wird nicht verhindert.
  • Soziale und berufliche Teilhabe muss für alle Menschen möglich sein. Beratung, Unterstützung, Weiterbildung und ggf. auch ein öffentlich geförderter Arbeitsplatz sind erfolgreiche Wege, um Erwerbslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür brauchen die Jobcenter mehr Geld.Wer dieses Geld verweigert, der spart nicht, sondern verschiebt Probleme in die Zukunft. Arbeitsförderung ist eine Zukunftsinvestition! Die ständigen Sanktionsdebatten helfen dagegen nicht bei der Förderung, sondern stigmatisieren und grenzen aus.
  • Wohnen ist ein Menschenrecht und essenzielles Element eines menschenwürdigen Lebens. Ein hinreichendes Angebot an bezahlbaren Wohnungen ist durch einen stärkeren öffentlichen Wohnungsbau herzustellen, um den Wohnungsmarkt zu entspannen. Es braucht gesetzliche Regelungen, um den Anstieg der Mieten wirksam zu begrenzen. Das entlastet auch die öffentlichen Haushalte."

Aufruf von:

Gemeinsamer Aufruf von AWO Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V. , Diakonie Deutschland, Der Paritätische Gesamtverband, SoVD, VdK, Volkssolidarität, DGB, ver.di, IG Metall, Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), Bündnis AufRecht bestehen, Arbeitslosenhilfe Oldenburg e.V., Tacheles e.V., Sanktionsfrei, Deutscher Mieterbund, Pro Asyl, Tafel Deutschland e.V., Zukunftsforum Familie e.V.

Weitere Informationen und Links zum Bündnisaufruf finden Sie auf der Seite des Paritäschen Gesamtverbands.

Diskussionsabend am 15. 11.2023, VHS Forum

Im FORUM Volkshochschule fand am 15.11.2023 ein Diskussionsabend statt. Oberthema: Armut? Abschaffen! Über das gesellschaftliche Problem der Armut und Lösungsansätze sprachen Dr. Joachim Rock, Abteilungsleiter Soziales und Europa, sowie Vertreter*innen von Mitgliedsorganisationen des Paritätischen in Köln. Die Moderation hatte Fernsehautorin Anke Bruns. Zu Wort kamen auch zahlreiche Armutserfahrene, Helfer*innen und Bürger*innen, denen die Lebenssituation und Zukunft der Menschen in Köln am Herzen liegt.

Aufzeichnung der Veranstaltung

Armut abschaffen